Galapagos, das Tierparadies schlechthin, liegt vor dem Festland Ecuadors gefühlt zum Greifen nah. Gerade einmal 1000 Kilometer trennen uns von dem Inselarchipel, welcher größtenteils direkt unter dem Äquator im Pazifik liegt und für seine artenreiche Tierwelt sowohl über als auch unter Wasser bekannt ist. Seit 1959 ist der Galapagos-Archipel Nationalpark und wurde im Jahre 1970 von der UNESCO ins Weltnaturerbe aufgenommen. Seine Besonderheit gründet vor allem auf seiner vulkanischen Entstehung und der einzigartig erhaltenen Tierwelt, die die Herzen von Naturfreunden höher schlagen lässt. Nicht umsonst bezeichnete Charles Darwin die Galapagos Inseln schon 1835 als Laboratorium der Evolution, welches bis heute noch durch zahlreiche Schutzmaßnahmen auf den Inseln bestand hat. Aber beginnen wir von vorne nach diesem kurzen theoretischen Steckbrief.
Lange Zeit hadern wir beide, ob unser Reisebudget einen Abstecher auf Galapagos zulässt. Zugegebenermaßen ist die Inseldestination nicht gerade für Schnäppchenangebote bekannt und lockt gefühlsmäßig vor allem geldbeutelstarke Amerikaner im Rentenalter an, die sich scheins kein Preislimit setzen und für jegliche Angebote bereitwillig zahlen. So ist zumindest unser Eindruck, als wir erste Erfahrungen auf der Insel machen. Und ja, da sind wir auch schon beim zweiten Punkt: Wir entscheiden uns für dieses Abenteuer und buchen Apartments auf zwei verschiedenen bewohnten Inseln, von wo aus wir Tagestouren auf den Inseln und dem Wasser abwechselnd starten. Es gibt durchaus auch die Möglichkeit auf Last Minute Angebote von Mehrtagesfahrten auf dem Schiff zu pokern, allerdings war uns beiden das etwas zu unsicher und preislich wohl letztlich teurer als auf eigene Faust die Inseln zu erkunden.
Nach einem Direktflug von Guayaquil nach Santa Cruz landen wir auf einem minimalistisch kleinen Rollfeld eingebettet von Kakteen und ausgedörrter Vegetation auf der Halbinsel Baltra. Um vom Flughafen in die mehr oder weniger einzig große und infrastrukturell ausgestattete Stadt zu gelangen, geht es zunächst mit einem Bus, dann einer Fähre und dann einem weiteren Bus eine gute Stunde lang zu unserem ersten Ziel Porto Ayora, wo wir für fünf Nächte ein bezahlbares Zimmer gefunden haben. Wichtig ist bei der Unterkunftssuche vor allem eines: eine funktionsfähige Klimaanlage im Zimmer, denn Galapagos ist vor allem eines: Heiß und trocken. Bevor wir das Städtchen erkunden und uns einen ersten Eindruck verschaffen, nehmen wir nicht ohne Grund erst einmal eine Dusche und genießen die kurzfristige Abkühlung.
Von unserem Apartment ist es zum Glück nur ein paar Minuten Fußweg bis ins Zentrum, das direkt am Hafen liegt und übersäht ist mit diversen Touranbietern und Souvenirshops. Bei der vielen Auswahl ist man erstmal etwas erschlagen und kann nur auf gut Glück hoffen, eine gute Agentur für Schnorchelausflüge ausfindig zu machen. Wir erkundigen uns und werden uns ziemlich schnell klar, dass alle Anbieter mehr oder weniger das Gleiche für fast identisch hohe Summen anbieten. Es gibt klare Zieldestinationen, die als sehr beliebt scheinen und das große Schnorchelabenteuer versprechen. Wir haben letztlich die Qual der Wahl und schlafen erstmal noch eine Nacht darüber, bevor wir eine Tour verbindlich buchen.
Doch unser erstes tierisches Highlight lässt nicht lange auf sich warten und so begrüßen uns am Hafenpier ein paar faule Seelöwen, die ganz entspannt ihr Nickerchen machen. Verrückt – wir sind beim ersten Antreffen so geplättet. Ja wir haben davon schon berichtet bekommen und von den vielen Seelöwen gelesen, aber glaubt uns, wenn man dann Auge in Auge mit den Wildtieren sooo nah ist, dann fühlt sich das einfach nur gigantisch an. Im Zoo träumt man als kleines Kind in die Rolle des Tiertrainers auf der Bühne zu schlüpfen und nur ein paar Meter näher dran zu sein, auf Galapagos muss man schon eher aufpassen, dass man über die Tiere am Hafen nicht stolpert oder um seinen Sonnenplatz fürchten muss. Und das ist wahrlich keine Übertreibung, wie wir in den Folgetagen noch feststellen werden…
Ein paar orangene Krabben machen es sich an der Hafenmauer gemütlich und starten immer wieder kleine Gefechte untereinander. Und plötzlich erkennen wir selbst im Schummerlicht im Wasser einen Schatten vorbei schwimmen, der doch deutlich größer als jeglich zunächst angenommener Fisch ist. Ein kleiner Weisspitzenriffhai hat sich in die Hafenbucht verirrt und zieht seine Kreise. Kaum zu glauben aber wahr. Die Abende am Hafen locken immer wieder mit neuen Tierschauspielen, einmal posiert auch ein großer Pelikan am Hafensteg für uns. Ein wenig erschlagen von der Anreise, der Umstellung auf die heißen Temperaturen und überwältigt von den ersten Tierbegegnungen fallen wir in die Betten.
Am nächsten Tag machen wir uns früh los und mieten Fahrräder, denn es zieht uns ins Inselinnere zu einem Galapagosschildkröten Reservat, das auch einen Einblick in einen der zahlreichen Lavatunnels bereithält. Den Hinweg gestalten wir uns bequemer mit dem Bus, denn nach Santa Rosa geht es meist nur bergauf, was bei den bereits in der Früh recht hohen Temperaturen zu wasserfallähnlichen Schweißausbrüchen führen würde… Wie gut, dass der Bus auch unsere Fahrräder mitnehmen kann und uns nach einer halben Stunde Fahrt auswirft. Den Rest geht es über Schotterwege hinab zum Reservat. Bereits bei unserer Anfahrt mit dem Rad staunen wir nicht schlecht, denn die riesigen grauen Steinformationen auf dem Weg bewegen sich. Ja richtig – je näher wir kommen, desto mehr erahnen wir es: Es handelt sich nicht etwa um eine Fata Morgana bei den hitzigen Temperaturen, sondern um unsere ersten auf Galapagos gesichteten Galapagosschildkröten.
Die riesigen Panzer sind beeindruckend und wir fragen uns immer mehr, wie sich die Tiere mit diesem Koloss fortbewegen können. Gerade als wir bei unserer Führung über das Reservat die Möglichkeit bekommen selbst einmal in einen ausgehölten Panzer zu schlüpfen spüren wir am eigenen Leib das stattliche Gewicht, das die Schildkröten tagtäglich spazieren tragen. Tauschen möchten wir da lieber nicht…
Weiter geht es nach der informativen und spannenden Führung in einen ausgeleuchteten Lavatunnel, der an manchen Stellen zu Krabbelaktionen durch schmale Löcher führt. Hier wird die geologische Entstehung der Inseln nochmal eindrücklich vor Augen geführt. Nach den Erkundungen geht es für uns mit den Rädern wieder zurück. Nachdem wir die anfänglichen Schotterhügel mit den Rädern bewältigt haben, sausen wir die Hauptstraße Richtung Porto Ayora hinab und genießen den angenehmen Fahrtwind. Als wir bei dem Fahrradverleih wieder ankommen buchen wir auch noch gleich eine Schnorcheltour für den nächsten Tag.
Wir haben uns für Pinzon entschieden und sind auf das Abenteuer gespannt, das direkt am nächsten Morgen recht früh startet. Nachdem sich alle 12 Teilnehmer der Schnorcheltour versammelt haben, geht es auf unser Motorboot, auf dem unser Kapitän, unser Guide und eine Köchin schon warten. Nach einer kurzen Begrüßung legen wir ab und begeben uns auf offene See. Das Meer glitzert, die Sonne brutzelt und die Vorfreude auf das Schnorcheln ist riesig. Nach gut einer Stunde Fahrt wird unser Guide unruhig und macht uns klar, dass es jetzt gleich ins Wasser geht. Also auf in die ausgeliehenen Schwimmanzüge, die sich für uns im Nachhinein als großes Glück herausstellen. Nicht etwa des kühlen Wasser wegens wurden uns diese nahegelegt, sondern aufgrund der immensen Sonneneinstrahlung. Die Äquatornähe macht sich vor allem beim Schnorcheln bemerkbar und uns wird immer mehr klar, wieso wir so überdimensional viele sonnenverbrannte Touristen auf der Insel sehen. Die Sonne samt UV Strahlung kennt hier keine Gnade und nutzt jede noch so kleine unbedeckte Körperstelle aus, um ihre Spuren zu hinterlassen. Auch um die Tierwelt vor Rückständen von Sonnencreme zu schützen machen sich unsere Anzüge natürlich gut. Die Tauchermasken sind angelegt, die Schnorchel zeigen senkrecht nach oben und die Finnen sitzen. Und schon platschen wir nacheinander von der Bootskannte ins Meer und erkunden die Unterwasserwelt.
Wow – einfach nur wow. Es glitzert von der Sonne, es ziehen unzählige bunt schimmernde Fischschwärme an uns vorbei und uns stockt der Atem, als Seelöwen spielbegeistert mit uns ihre Kreise ziehen. Noch verrückter wird es, als wir beim zweiten Schnorchelgang im Abstand von maximal zwei Metern über fünf bis sechs großen Weisspitzenriffhaien und Galapagoshaien bedächtig verweilen und das Abenteuer aus direkter Nähe genießen. Während unserer Schnorchelgänge treffen wir auch immer wieder auf riesige Meeresschildkröten, die teilweise ungewollt nah an uns durch den teils heftigen Wellengang kommen. Wir sehen dabei zu, wie sie Wasserpflanzen von den Steinen unter Wasser abnagen, lauschen den Geräuschen und erhaschen sogar vorbeigleitende Adlerrochen, die majestätisch durch das Wasser ziehen. Wir müssen uns gedanklich immer mal wieder selbst kneifen um zu realisieren, was wir in diesen Momenten sehen und wie artenreich die Unterwasserwelt sich uns präsentiert. Die schillernden Farbspiele mit der brechenden Sonne machen den Anblick perfekt, der sich in unsere Gedächtnisse eingebrannt hat. Die berühmten Meeresechsen von Galapagos dürfen bei unseren Schnorchelgängen natürlich auch nicht fehlen.
Nach so viel Unterwassererlebnissen steigen wir hungrig aufs Boot, wo auch schon frisch zubereiteter Fisch mit Reis, Salat und Kochbananen auf uns wartet. Alle genießen den Gaumenschmaus und das dicke Grinsen ist jedem ins Gesicht geschrieben. Doch der Schnorchelausflug ist so noch nicht ganz zu Ende. Auf unserem Rückweg werfen wir zwei Hochseeangeln aus und hoffen auf einen guten Fang. Der Fisch, der heute auf unserem Teller lag, wurde von der Schnorchelgruppe gestern gefangen. So ist es mehr oder weniger unsere Aufgabe für das Mittagessen von morgen zu sorgen. Die Folgegruppe soll genauso Glück haben wie wir, denn ein großer Gelbseethunfisch hat angebissen. Glücklich und erfüllt erreichen wir gegen Nachmittag wieder die Insel und verabreden uns noch mit einem Pärchen der Schnorcheltour zum Abendessen. Wir dinieren landestypisch und wählen das preislich unschlagbare Menu del dia. Die Hühnersuppe als Vorspeisenvariante entpuppt sich dabei als unerwarteter Augenschmaus – wer kann schon behaupten jemals komplette Hühnerfüße mit allem Zubehör auf seinem Suppenteller schwimmen gehabt zu haben. Um ehrlich zu sein sind wir davon etwas angewidert und können den Hype um die krossen Zehengelenkstücke nicht ganz nachvollziehen. Nun ja – wir bevorzugen dann doch eher den anschließend frisch zubereiteten Fisch in Kokosnusssauce umrahmt von gebackenen Platanos und Reis.
Um die Geldbeutel tageweise etwas zu schonen, besichtigen wir auch die Insel mit ihren verschiedenen Destinationen. Die Galapagosinseln sind die einzige Heimat der bekannten Meeresechsen, die vor Ort als Iguanas getauft sind. Diese gewaltigen kleinen Urzeitmonster scharen sich vor allem an der Tortuga Bay zuhauf, die über einen halbstündigen Fußweg vorbei an riesigen Kakteen zu erreichen ist. Eine halbe Stunde in der prallen Sonne hat es in sich und wir sind froh, als wir am langen Sandstrand ankommen. Das Meer ist rau und peitscht gegen den weiß schimmernden Sand, auf dem es sich die Iguanas vorwiegend auf schwarzen Lavaformationen gemütlich gemacht haben und sich nach ihrer Futtersuche im Meer wieder aufwärmen. Elegant posieren sie für die Kamera und lassen sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Wird es ihnen dann doch etwas zu bunt, bewegen sie sich etwas ungeschickt wirkend auf ihren vier Beinen davon. Im Wasser dagegen sind sie elegante Schwimmer und wendig, wie wir bei einem weiteren Schnorchelgang noch feststellen werden.
Der nächste Schnorchelgang lässt nicht lange auf sich warten, denn wir sind inspiriert von der unfassbar und kaum in Worten zu beschreibenden Tierwelt und starten am Tag darauf zur unbewohnten Insel Daphne, die als kleiner Geheimtipp verkauft wird. Man muss wissen, dass auf Galapagos ein sehr hoher Schutz der Tierwelt betrieben wird, was folglich zu einer Begrenzung der Schnorchelbesucher pro Gebiet pro Tag führt und vielleicht auch dadurch seine exklusiven Preise ein stückweit rechtfertigen mag. So sind wir das einzige Boot, das Kurs auf die nördlich von Santa Cruz gelegene Insel nimmt und bei zwei verschiedenen Schnorchelgängen weitere Einblicke in die Tierwelt erhascht. Und wieder sind es einzigartige Tierbegegnungen und jeder Wellenschlag mit neuen Bekanntschaften verbunden, von bunten neugierigen Fischschwärmen über majestätisch grazil schwimmende Galapagos Haie, die sich ein Versteck in den tiefer gelegenen Steinformationen suchen. Die Zeit Unterwasser vergeht dabei natürlich immer viel zu schnell – aber klar, wir sind dem Naturschutz und Tierschutz verpflichtet und so halten sich die Boote und Guides sehr strikt an die Vorgaben der Behörden, was natürlich vollkommen verständlich ist. Auf der Rückfahrt haben wir diesmal kein großes Anglerglück, nur ein kleiner Fisch beißt an und wird die Runde morgen kaum satt machen können. Dafür erleben wir ein weiteres unerwartetes Naturschauspiel – eine Gruppe von Gold Rochen begleitet uns ein Stück unseres Weges. Mit zwei Schnorchelausflügen und vielen Erkundungen auf der Insel verlassen wir Santa Cruz nach fünf Nächten und setzen mit einer Speedboot Fähre nach Isabela über. Wir machen uns auf Alles gefasst, denn der Wellengang ist laut Berichten teilweise unberechenbar und unser kleines Boot ist mehr eine Nusschale als ein großer Wellenbrecher. Aber wir haben Glück – früh am Morgen ist die See ruhig und wir erreichen unbeschadet die Insel Isabela.
Schon als wir von Board gehen spüren wir den Vibe der Insel, die sich so deutlich anders präsentiert als Santa Cruz. Die Straßen sind überwiegend Sandpisten, Palmen stehen beinahe an jeder Ecke und das Meerwasser strahlt türkisblau. Im Gegensatz zu Santa Cruz ist die Infrastruktur deutlich rudimentärer, aber insgesamt auch angenehmer. Die vielen Tourishops mit sämtlichen T-Shirt Designs, bunt schillernde Magneten oder Plastikverschnitt aus Fernost sind glücklicherweise eher selten anzutreffen, stattdessen finden wir einen kilometerlangen Sandstrand in direkter Nähe zu unserer neuen Unterkunft und genießen das karibisch ähnelnde Flair sehr. Alles geht hier irgendwie sehr entspannt zu und die Einheimischen lassen uns an ihrer Kultur während einer Art Modenschau und anschließenden Party eintauchen. Viele Streetfood Stände reihen sich an der Strandpromenade, die Musik aus den Boxen dröhnt zum Teil in unseren Ohren und die Menschen warten gespannt auf die Kandidatinnen auf dem Laufsteg. Die ganze Insel feiert bis zum Morgengrauen und wir sind für ein paar Stunden mitten drin, bis wir uns für eine Schonung unserer Gehörgänge entscheiden und den Rückzug antreten.
Die Insel Isabela hat eine grandiose Bucht zum Schwimmen, die sogar wider Erwarten keinen Eintritt kostet und frei zugänglich ist. Die Concha la Perla ist ein echtes Juwel, denn die Tierbegegnungen, die wir dort erlebt haben, waren traumhaft. Über einen Holzlattensteg geht es unter Mangrovenbewachsungen circa 500 Meter bis zur Bucht. Der Weg dorthin ist meist schon ein kleines Spektakel: Immer wieder tummeln sich einige Iguanas auf den warmen Holzplatten und wenn man Glück hat, begrüßen einen bereits auf dem Weg schlafende Seelöwen, die den Schatten in der Mittagshitze suchen. Dann heißt es seine Gelenkigkeit beweisen und einen beherzten Schritt über die faulen Dickhäuter zu wagen, um ans eigentliche Ziel zu kommen. Dort haben uns dann bei jedem Besuch weitere Seelöwen begrüßt, die meist an den Stufen zum Wasser hinunter lagen und die Sonne genossen haben. Wenn sie besonders großzügig waren, haben die Seelöwen uns etwas Platz verschafft und wir durften sogar selbst die Stufen hinunter gehen und ein kühles Bad nehmen. Mit Schnorchelausrüstung bewaffnet sind wir dann wieder in eine andere Welt abgetaucht. Selbst in dieser kleinen Bucht war die Tierwelt atemberaubend. Von einer riesigen Meeresschildkröte, die an den Steinen unter Wasser das Plankton abscharbte bis hin zu Adlerrochen, die majestätisch an uns vorbeizogen über bunte Fischschwärme und verspielte Seelöwen, die uns unter Wasser begleitet haben, war die Vielfalt gigantisch. Und man muss im Hinterkopf behalten – das war ausnahmsweise völlig umsonst auf Galapagos, was hier wirklich eine Seltenheit darstellt. Für beinahe jeden Ausflug, jegliche Erlebnisse oder Besonderheiten wird hier auf dem Inselarchipel Geld verlangt. Vor dem Hintergrund des Naturschutzes ist dies ein Stück weit nachvollziehbar und im Prinzip unterstützenswert, jedoch hat das System und der Geldbeutel auch irgendwann seine Grenzen. Mit verschiedenen anderen Touristen, die wir auf der Insel getroffen haben, teilten wir die gleiche Ansicht. Bezeichnend war unserer Meinung nach die Aussage einer Dame: „Ich frage mich, wann die hier noch Geld für jedes einzelne Foto verlangen, das wir von den herumliegenden Seelöwen oder Iguanas machen.“
Aber fernab des hochpreisigen Levels des Inselarchipels und der Resignation, dass man sich den Bestimmungen vor Ort eben auch nur fügen kann, um die Naturschönheiten weiter zu erkunden, buchen wir unsere letzte Schnorcheltour zu „Los Tuneles“. Diese Tour wird uns von diversen Urlaubern empfohlen, da sie eine ganz besondere ökologische Rarität darstellt. Nach einer Stunde Bootsfahrt erreichen wir ein geschütztes Labyrinth aus Lavabrücken, die von kristallklarem Meerwasser umgeben sind. Diese Lavafelsen entstanden durch einen heftigen Vulkanausbruch, als die Lava ins Meer geflossen ist. Mit unserem kleinen Boot fahren wir sogar durch die kleinen natürlich entstandenen Kanäle und erhalten eine kleine Führung über das Lavamassiv inklusive Lavabrücken Überschreitung. Wir kommen der Tierwelt unglaublich nahe und sehen die für das Inselarchipel bekannten Blaufußtölpel, die hier Boobies getauft wurden. Sie sehen aus, als wären sie in einen blauen Farbeimer gefallen, denn ihre Füße sind unnatürlich quietschig blau leuchtend und ihr Gesang klingt mehr nach Geschrei als einem melodischen Lied. Sie watscheln über die Lavaformationen und unser Guide gibt viele Infos über ihre Art und Besonderheiten. Danach geht es mit dem Boot zu unserem ersten Schnorchelspot, der bekannt für eine Reihe an Seepferdchen ist. Und ja, wir haben Glück und finden eines in den farblich ähnlichen Seegrasschlingen. Die Freude ist allerdings nach kurzer Zeit getrübt. Unsere Schnorchelgruppe ist zum Teil etwas unbeholfen und jeder will in nächster Nähe zum Seepferdchen abtauchen. Das wird uns dann doch zu bunt und wir nehmen einen sicheren Abstand ein, um nicht weitere Flossen oder Arme an unseren Körper geknallt zu bekommen.
Fernab der Gruppe finden wir für uns riesige Schildkröten und Weisspitzenriffhaie, die sich in tiefer gelegenen Höhlen tummeln. Die Tierbegegnungen sind jedes Mal aufs Neue sehr bewegend und surreal. Mit Haien zu schwimmen ist einfach wirklich krass! Zum Glück sind diese Exemplare nicht angriffslustig und so können wir ganz beruhigt ihr Gleiten durch das Wasser beobachten. Auch beim zweiten Tauchgang sehen wir eine große Artenvielfalt und genießen die Unterwasserwelt. Nach einem Mittagessen an Board geht es wieder zurück zum Hafen von Puerto Villamil, wo wir den Abend bei einem herrlichen Sonnenuntergang am Strand ausklingen lassen.
Am nächsten Tag entscheiden wir uns für eine preisgünstige Tagesgestaltung und mieten uns Fahrräder, die es nahezu bei fast jedem Shop der Insel gibt. Unser Bikes machen optisch einen guten Eindruck, erweisen sich während der Fahrt allerdings eher als hart zu schaltende Zweiradmonster, die vor allem auf den ersten Sandpistenwegen immer wieder stecken bleiben. Aber egal, zur linken Seite ist das Meer, ein golden leuchtender Sandstrand und vor uns liegen knapp 10 Kilometer bis zum Ziel: Der Tränenmauer auf Isabela. Die Tränenwand bzw Muro de las Lagrimas auf Spanisch hat eine traurige Geschichte von menschlicher Not und großem Leid. In den 1940er und 1950er Jahren mussten diese imposante Lavawand Gefängnisinsassen vollständig aus Hand erbauen mit dem Hintergrundwissen, dass diese Arbeit rein als Schikane und Misshandlung gedacht war. In der brütend heißen Sonne schichteten die Gefangenen von Hand geschlagene Lavasteine auf ödem Buschland auf, irgendwo im Nirgendwo, um die dörre Landschaft voneinander in zwei Teile zu separieren. Viele haben dabei ihr Leben gelassen und wurden psychologisch gebrochen. So ist der Hintergrund unseres Ziels emotional bewegend, der Anblick dagegen eher weniger beeindruckend. Vielmehr gestaltet sich der Weg als Ziel, denn unterwegs machen wir verschiedene Pausen an schönen Strandabschnitten und abgelegenen Mangrovenlagunen, die wir ganz für uns alleine genießen. Vor allem die Bucht El Estero hat uns in ihren Bann gezogen und wir genießen das Paradies alleine mit einem Seelöwen, der sich stark für unsere Rucksäcke interessiert und uns deutlich macht, dass wir wohl seinen Sonnenplatz streitig machen. So spielfreudig wie die Seelöwen unter Wasser sind, so beeindruckend und gleichzeitig mit Respekt zu begegnend sind sie an Land. Hier herrschen eindeutig andere Gesetze und wir werden an unserem letzten Tag noch eindrücklich erfahren, wer hier das sagen hat.
Aber zurück zur Fahrradtour – kurz vor unserem Ziel nach einigen Hügeln und schweißtreibenden Temperaturen liegt vor uns der Aussichtspunkt Cerro Orchilla. Trotz der Hitze entscheiden wir uns zum Glück für den Aufstieg und werden mit einem Panorama auf das Meer und die karge Insellandschaft belohnt. Zurück geht es mit den Rädern glücklicherweise nur bergab und wir erreichen wieder den Ort Puerto Villamil.
Da es auf Isabela keinen Flughafen gibt, setzen wir nach vier Nächten auf der Insel wieder mit der Speedboot Fähre nach Santa Cruz über. Dieses Mal haben wir weniger Glück und die Fahrt über einige hohe Wellen gestaltet sich ziemlich schaukelig. Entsprechend froh sind wir, als wir den Hafen von Puerto Ayora erreichen und wieder stabilen Boden unter den Füßen haben. Den letzten Tag auf Santa Cruz gehen wir recht entspannt an und schlendern noch durch das Zentrum. Wir haben die glorreiche Idee, mit einem öffentlichen Taxiboot zu Las Grietas überzusetzen und in einer Schlucht schwimmen zu gehen. Die Bilder im Internet machen uns neugierig und ein Bad im kühlen Nass ist bei den Temperaturen eine angenehme Erfrischung. Was wir nicht erwartet haben, dass man diese natürliche Schlucht nur in einer großen Gruppe und einem Guide betreten darf. Dieser führt einen dann laut Angaben am Ticketschalter erstmal 30 Minuten durch das Gestein, bis man dann unter Aufsicht eine Abkühlung nehmen darf. Irgendwie nicht ganz unsere Erwartung, weshalb wir schnell den Rückzug antreten und in einer öffentlichen Bucht uns erfrischen. Zum Abschluss des Tages gönnen wir uns noch Kaffee und Kuchen im Hotel und genießen den Ausblick auf die Bucht, der nicht nur uns gut gefällt. Ist man hier nicht schnell genug, liegen auch die Seelöwen auf den Sonnenliegen und machen einem den Platz streitig. Eiskalt gerobbt gemobbst?!?!? – 1:0 für das Seelöwenkommando 😊
Mit all den Erfahrungen im Gepäck heißt es für uns nach 10 Tagen Abschied nehmen von Galapagos, das uns mit seiner einmaligen Tierwelt in den Bann gezogen hat und spektakulären Schnorchelgängen in traumhafte Kulissen hat eintauchen lassen. Einzige Schattenseite am Inselarchipel ist das hohe Preisniveau, das uns wirklich schockiert hat. Innerhalb der gut fünfeinhalb monatigen Reisezeit haben wir unterschiedliche Destinationen gesehen und sind dabei vom Lowbudgetreisen bis hin zu Luxuszielen eigentlich Einiges gewohnt. Doch bei Galapagos bleibt irgendwie dieser negative Beigeschmack haften, dass wirklich jede noch so kleine Sache mit Geld bezahlt werden muss, und wenn es nur ein sinnloses Stück Papier – tituliert als Boarding Pass für einen Dollar – bei Ankunft am Hafenpier ist, was nach Abdrücken der Summe keinen mehr interessiert. Es sind fast täglich kleine Gebühren wie eben diese bis große Beträge wie Nationalparkgebühren bei Ankunft am Flughafen, die sich mit der Zeit aufsummieren und die Akzeptanz für die geforderten Summen schrumpfen lässt und den Geldbeutel zu Höchstleistungen strapazieren. Nichtsdestotrotz – Galapagos ist einmalig und die meisten Erfahrungen wollen wir nicht missen.