Nach einer lehrreichen und aufregenden Zeit in Ruanda geht es für uns beide nach Kapstadt in Südafrika. Schon länger haben wir die Idee gehabt, Südafrika (insbesondere die Garden Route) zu besuchen und es in unser Sabbatical nun endlich integrieren können. Wie viel haben wir über dieses Land schon alleine durch die Weltmeisterschaft 2010 gehört und in Erinnerung, wie weltbekannt ist Kapstadt durch den imposanten Tafelberg und die angrenzenden Weinregionen (Winelands) sowie das Kap der guten Hoffnung. Ein Traumziel für fast jedermann! Bestimmt verbindet jeder einen anderen Gedanken, wenn er an diese Stadt denkt, die so viele verschiedene Möglichkeiten und Highlights uns eine Woche lang geboten hat.
Mit einem Zwischenstopp in Addis Abeba kommen wir am Flughafen von Kapstadt an – etwas müde, aber dennoch aufgeregt auf die Zeit, die vor uns liegt. Es wird eine andere Art des Aufenthalts als zuvor – wir werden ohne Volunteering, dafür aber mit ganz vielen verschiedenen Reisestopps Südafrika erkunden und viele verschiedene Eindrücke sammeln. Bereits die Fahrt vom Flughafen hat uns nochmal einen ganz neuen Blick auf den afrikanischen Kontinent bereitet. Moderne, dreispurig ausgebaute Straßen in astreinem Zustand, eine große Bandbreite an verschiedenen Automarken (vergleichbar mit Europa), die hohe Anzahl an verschiedenfarbiger Hauttypen und Nationalitäten und das ganz normale Tourist sein dürfen, ohne als Muzungu aufgrund der weißen Haut stigmatisiert zu werden. Riesige Hochhäuser und die Skyline von Kapstadt liegen auf dem Weg zu unserer Unterkunft und erinnern uns beim ersten Anblick mehr an eine europäische Großstadt als die bisherigen bekannten afrikanischen Stadtzentren. Es fühlt sich nach über 10 Wochen Ostafrika fast ein wenig wie heimkommen an. Es gibt sogar mal wieder verhältnismäßig viele Ampeln in der Stadt und viele bekannte Firmen und Banken sind vor Ort vertreten. Wüssten wir es nicht besser, könnte man nach den bisherigen Erfahrungen auf dem afrikanischen Kontinent glatt annehmen, wir sind wieder auf dem europäischen Kontinent gelandet. Das ist jetzt natürlich nicht ganz ernst gemeint, aber die Unterschiede sind auf den ersten Blick für uns einfach wirklich gewaltig und viele Einheimische bestätigen uns immer wieder vor Ort, dass Kapstadt das „Afrika light“ Programm und nicht das wahre Afrika wäre. Nichtsdestotrotz, ist es gehört es zu Afrika und macht den Kontinent so einzigartig und besonders. Wir sind auf jeden Fall sehr gespannt, wie sich die kommenden 4 Wochen für uns gestalten werden.
Unsere Unterkunft ist das Villa Viva Hostel in Kapstadt. Es ist zentral gelegen, zwischen Waterfront und Tafelberg und sehr modern ausgestattet. Mit einem Poolblick auf den Tafelberg und einem komfortablen Zimmer sind wir hier mit überwiegend jungen internationalen Gästen beherbergt und genießen den besonderen Spirit dieser Unterkunft. Eine Unterkunft in Kapstadt zu finden, die bezahlbar und zentral gelegen ist, hat uns am Anfang etwas vor Herausforderungen gestellt. Die Preise sind verhältnismäßig hoch und die zu erwartenden Leistungen dagegen zum Teil sehr gering. Von daher haben wir nach längerer Recherche hier einen wirklichen Glücksgriff gefunden und haben uns vor Ort sehr wohl gefühlt.
Nach unserer Ankunft haben wir den ersten Abend direkt genutzt, um die Waterfront von Kapstadt auszuchecken. Es ist eine Flaniermeile, die direkt am Wasser gelegen und reich an unterschiedlichsten Restaurants ausgestattet ist. Vor allem Touristen und wohlhabendere Kapstädter genießen hier die international aufgestellte Küche bei einem guten Tropfen südafrikanischem Wein am Wasser mit Blick auf die luxuriösen Jachten, Segelboote und Ausflugskatamarane. Am Hafen grüßt uns sogar ein Seelöwe, der sich ins Hafenbecken verirrt hat. Im Rücken der Waterfront thront der erhabene Tafelberg, der uns während der Tage immer wieder begleitet und stets neue Wolkenkleider präsentiert. An diesem Abend haben wir das Glück, dass der Tafelberg beinahe wolkenfrei für uns posiert und wir einen Tisch direkt am Wasser finden. Das besondere Highlight dieses Abends ist das erste Mal wieder bedenkenlos Rohkost und frisches ungeschältes Obst essen zu können. Es mag in der Außenperspektive vielleicht etwas verwunderlich klingen, aber nach gut 10 Wochen nahezu Verzicht auf sämtliche frische Salate und so manches Obst wie Pfirsiche, Weintrauben, Erdbeeren und Co. sind die Gelüste dann in Südafrika wieder gestillt worden. Hier haben wir viel im Voraus recherchiert und erfahren, dass die Wasserqualität zwar nicht unbedingt unserem deutschen Leitungswasser entspricht, aber die Restaurants bei der Zubereitung und dem Waschen der Lebensmittel den europäischen Mägen keine Probleme bereiten. Nach heftigen Erfahrungen in Uganda und Ruanda von uns beiden, was so mancherlei Bakterien und Viren auf unsauber gewaschenen Lebensmitteln anrichten können, sind wir daher besonders vorsichtig geworden und haben viele eigens auferlegte Restriktionen nun endlich wieder bedenkenlos brechen können und Salate und Co nochmal auf eine ganz andere Weise schätzen gelernt.
Auf unserem Hinweg zur Waterfront sind wir von unserem Hostel aus zu Fuß gelaufen und sind an Straßenabschnitten vorbei gekommen, die mit gespannten Planen, Decken und vereinzelten Matratzen das Zuhause obdachloser Kapstädter dargestellt haben. Auch an den Kreuzungen mit wartenden Autos fallen uns immer wieder Menschen auf, die mit beschriebenen Kartonplakaten um Geld oder Essen betteln und auf uns einen zum Teil verwahrlosten und ungesunden Eindruck machen. Zwischen den gigantischen Hochhäusern, geräuschintensiv vorbeifahrenden Luxusautos und Einkaufsmeilen mit Shops und Restaurants trübt das Bild vom überschwänglichem Reichtum und guten Lebensbedingungen für die gesamte Bevölkerung Kapstadts. Die Kontraste sind extrem und begleiten uns während unserem Aufenthalt in Südafrika bis zum Ende unserer Reise.
Zugleich gilt Kapstadt in einigen Touristenführern immer wieder mit Vorsicht zu genießen – die Kriminalität sei in vereinzelten Gebieten der Stadt nicht zu unterschätzen und Diebstähle sowie Überfälle keine Seltenheit. Bereits unsere Unterkunft legt uns dringend nahe, abends nicht mehr alleine durch die Straßen zu laufen und stattdessen ein Uber zu nehmen. So dramatisch wie die Warnungen und Berichte in den Medien haben wir Kapstadt allerdings nicht wahrgenommen. Es gibt klare Regeln zu beachten, die aber auch in anderen Großstädten weltweit zu beachten sind. Wertgegenstände nicht offen liegen lassen, Handys und Kameras möglichst am Körper tragen, Schmuck und weitere „unnötige“ Luxusgüter möglichst sicher daheim verstauen und gefährdete Gebiete meiden oder nur mit organisiert geführten Touren besichtigen. Wir beide haben uns in Kapstadt zu keinem Moment unwohl oder unsicher gefühlt, waren aber dennoch von der großen Schere zwischen arm und reich immer wieder schockiert. Nach einem langen Flug und neuen Eindrücken am ersten Tag fallen wir müde in unsere Betten.
Am nächsten Tag weckt uns ein klarer Blick auf den Tafelberg – keine einzige Wolke ist am Himmel zu sehen, was für diese Jahreszeit doch eher ein Glückstreffer ist. Also zögern wir nicht lange und entscheiden uns den Ausblick vom Tafelberg auf Kapstadt zu genießen. Bevor es losgeht, stärken wir uns das erste Mal seit unserer Abreise aus Deutschland mit einem richtig klassischem deutschen Frühstück in der „Dinkel Bakery“, die von einem deutschen Auswanderer geführt wird. Schon beim Betreten der Bäckerei durchflutet uns ein Gefühl von Heimkommen. Der Geruch von frisch gebackenem Brot, Süßteilen und Croissants erfüllt uns, eine warme und herzliche Atmosphäre sowie eine riesige Bandbreite an wohl vertrautem Gebäck begrüßen uns und laden zum Wohlfühlen ein.
Der lauschige Garten im Hinterhof spendet Schatten unter den Bäumen und ist der perfekte Ort, um sein Frühstück zu zelebrieren. Und so lassen wir es verhältnismäßig krachen: Weißwurstfrühstück, Brezel, Körnerbrötchen, Wurst, Käse, Ei angerichtet an Gemüsesticks und frisches Obst mit Joghurt sowie frisch gebrühter Kaffee mit direkt gepresstem Apfelsaft runden unser Frühstückshighlight ab. Da bekam Alex, der immer noch mit Nachwehen von Magen-Darm-Problemen, die er aus Ruanda mitbrachte, zu kämpfen hat, auch richtig Appetit und Lust. Es war das erste richtige Essen nach fast einer Woche für ihn.
Da er sich immer noch nicht ganz fit fühlte und auch noch nicht so viel Energie hat, bevorzugen wir den Aufstieg mit der Seilbahn. Obwohl in Kapstadt Anfang November noch keine Hochsaison ist, herrscht am Vormittag an der Talstation ein reger Betrieb. Dank mobiler online Tickets können wir die lange Schlange skippen und betreten eine moderne 360 Grad Seilbahn, die sich während der Auffahrt mehrmals um die eigene Achse dreht und bereits bei der Auffahrt einen spektakulären Panoramablick auf Kapstadt bietet.
Oben angekommen begrüßt uns ein straffer Wind, der uns im Voraus schon immer wieder prophezeit wurde. Er ist stärker als erwartet und hat immer wieder Spaß daran, bei sämtlichen Fotos Julias Haare durch die Luft zu wirbeln. Wir sind erstmal überwältigt von dem gigantischen Ausblick auf die riesige Stadt und erahnen von oben das gesamte Ausmaß dieser Stadt, die sich entlang der Küste erstreckt. Das riesige Fußballstadion in Kapstadt ragt besonders hervor, ebenso wie der Lions Hill und das imposante Bankenviertel mit seinen gewaltigen Hochhäusern und der Waterfront. Wir spazieren auf dem Hochplateau noch etwas weiter in Richtung Wanderwege und der Schlucht, die für den Aufstieg von den meisten Wanderern genommen wird. Wir sind um ehrlich zu sein froh, dass wir Alex Körper noch etwas Ruhe gegönnt haben in Anbetracht der starken Sonne und kontinuierlich ansteigenden schmalen Wanderpfaden auf den Gipfel hinauf. Was wir in diesem Moment voller Eindrücke völlig unterschätzt haben, ist die starke Sonneneinstrahlung in Südafrika. Wir sind zwar mittlerweile kampferprobte Sonnencremebenutzer und kaufstarke Kunden sämtlicher Sonnencreme Produktionsfirmen, doch unsere Köpfe rauchten an diesem Tag nicht schlecht.
Deshalb haben wir nach ausgiebigen Panoramaaufnahmen und einem kleinen Spaziergang den Rückweg angetreten und sind mit dem Uber weiter nach Camps Bay gefahren, ein Nobel-Vorort Kapstadts, der nicht umsonst als die „Côte d´Azur“ Afrikas bezeichnet wird und das Gefühl in Afrika zu sein sehr schnell schwinden lässt. Lange weiße Sandstrände, eingebettet im Hintergrund von der Bergkette der zwölf Apostel mit zahllosen Restaurants an der dahinter liegenden Straßenmeile. Viele betuchte Europäer haben sich hier Edellimmobilien mit direktem Strandzugang gekauft, die Preise vor Ort sind übertrieben hoch und das anzutreffende Klientel überwiegend wohlhabend. Der Vorort der Schönen und Reichen trifft es wohl am besten und stellt mal wieder die krasse Luxusseite an Südafrikas Küste dar.
Wir flanieren ein wenig am Strand, stecken eine Zehenspitze ins eiskalte Wasser und machen uns zu Fuß zurück an die Waterfront in Kapstadts Zentrum. Wir laufen immer direkt an der Küste entlang und erhaschen tolle Ausblicke auf das Meer, welches im Laufe der sinkenden Sonne immer wieder neue Farbspiele zaubert. Der Sonnenuntergang selbst ist nicht wirklich gigantisch, da eine recht dicke Wolkenwand am Horizont das meiste versteckt. Doch das Farbnachspiel, das sich ein paar Minuten nach Sonnenuntergang am Himmel präsentiert, übertrifft unsere Erwartungen an diesem Abend. Der Himmel färbt sich in feuerrot bis lila und leuchtet unbeschreiblich schön.
Nach einem gut 8 km langen Spaziergang an der Küste entlang treffen wir zum Einbruch der Dunkelheit an der Waterfront ein und lassen uns von den Kochkünsten im Restaurant Harbour House verwöhnen. Ein kurzer Abstecher zum Thema Essen und Lebensmittel in Südafrika. Wir bevorzugen es normalerweise, für uns selbst zu kochen und somit auch Kosten während unserer ganzen Zeit zu sparen. In Südafrika erleben wir, dass die Lebensmittel im Supermarkt zum Teil an die gleichen Preise herankommen, wie wenn man im Restaurant essen geht. Das ist für uns recht ungewöhnlich und wir fragen uns immer wieder, wie die Gaststätten an sich Gewinne machen können in Anbetracht der hohen Preise für Lebensmittel in den Supermärkten. Zugleich genießen wir ehrlich gesagt auch wieder den Luxus, uns bekochen zu lassen und neue Geschmackserlebnisse zu kosten.
Nicht nur die kulinarischen Besonderheiten Kapstadts wollen wir erkunden, sondern auch den geschichtsträchtigen und kulturellen Aspekt. So nehmen wir am nächsten Tag an einer „free walking tour“ teil, die den Fokus vor allem auf den Stadtkern legt und viele Informationen zu Gebäuden, herausragenden prägenden Persönlichkeiten und der Vergangenheit Südafrikas legt. Unsere Führerin ist quirlig, versprüht Leidenschaft für ihre Heimatstadt und gibt nochmal einen ganz einzigartigen Blick auf die Stadt und die Leute mit vielen Hintergrundinformationen und Insidern. Sie gibt uns auch viele Tipps für die kommenden Tage, sei es an Essen, Museumsbesuchen oder weiteren zu entdeckenden Stadtvierteln Kapstadts.
Im Anschluss statten wir dem botanischen Garten -Kirstenboosch- in Kapstadt einen Besuch ab und lassen die Flora und Fauna auf uns wirken, die hier typisch für die Kapregion ist. Protheas, Heidekräuter, Sukkulentenbeete und Palmfarne sind hier dominierend und erstrecken sich über eine Fläche von 36 Hektar den Hang hinauf, welcher immer wieder Ausblicke auf Kapstadt ermöglicht. Ein Baumwipfelpfad führt durch das Arboretum und ermöglicht weitere Blicke auf die Stadt. Wir sind begeistert von der Blumenfülle, den exotischen Blüten und knallbunten Farben im botanischen Garten. Die Abendsonne verschafft ein besonderes Licht und wir genießen den riesigen Garten fast für uns alleine, der mit seinen Sitzbänken immer wieder Ruheplätze bereitstellt. Noch ein kurzer Exkurs zur Besonderheit der Flora in Südafrika. Die als Fynbos bezeichnete Vegetation in Südafrika ist dort einzigartig. Es handelt sich dabei um eine kleine Zone von natürlichem Buschland oder Heideland. Es wird zwischen Küsten- und Berg-Fynbos unterschieden, welche sich vorwiegend den Regionen Western und Eastern Cape in Südafrika finden lassen. Über 50% der dort vorkommenden Fynbos-Arten sind endemisch.
Am nächsten Morgen widmen wir uns der Geschichte der Sklaverei in Südafrika in der „Slave Lodge“. Das Museum ist eines der ältesten Gebäude in Kapstadt und klärt nach dem Motto „From human wrongs to human rights“ in verschiedenen Ausstellungsräumen auf. Menschenrechtliche Themen werden nicht nur aus Südafrikas Geschichte aufbereitet, sondern erstrecken sich über die ganze Erdhalbkugel. Um Südafrikas Vergangenheit besser verstehen zu können, lohnt sich hier ein Besuch definitiv.
Nach eher düsteren Themen zieht es uns in eines der farbenfrohesten Viertel der Stadt: Bo-Kaap. Die bunten Häuserfassaden leuchten schon von weitem und sind ein wahrer Touristenmagnet und Spot für Fotoliebhaber. Wir haben nicht wenige gesehen, die gefühlte Stunden vor den Häusern posierten und auf den perfekten Schnappschuss gehofft haben. Natürlich haben wir es uns auch nicht entgehen lassen, die bunten Häuserfassaden, die landschaftlich herrlich vor der Kulisse des Tafelberges und Lion Hills eingebettet sind, als Hintergrund für ein paar Fotos zu nehmen. Bei unserem Rundgang entdecken wir verschiedene kleine Läden wie Kunstgalerien, Kochworkshop Kurse, Boutiquen und Cafés. Die Häuser sind noch heute fast alle im Originalzustand und haben eine lange Historie hinter sich, die zum Großteil von Muslimen (Kap-Malaien) bewohnt werden und ursprünglich für die überwiegend muslimisch geprägten befreiten Sklaven um 1834 erbaut wurden. Die bunten Farben sollen laut Recherche ein Zeichen der wiedererlangten Freiheit darstellen. Uns hat das Viertel in seiner Farbgestaltung und multikulturellen Zusammensetzung inspiriert. Mut zur Farbe – das ist hier auf alle Fälle Gesetz.
Farbenfroh ging es abends für uns weiter – das Two Oceans Aquarium an Kapstadts Waterfront beherbergt in 30 Becken über 300 verschiedene Fischarten aus dem Indischen und Atlantischen Ozean. Von verschieden bunt schillernden Fischen über anmutende Quallen bis hin zu riesigen Haien, Rochen und Meeresschildkröten vor großen Glaswänden, die ein Auge in Auge für den Besucher ermöglichen, ist hier eine große Artenvielfalt geboten. Auch verschiedene Pinguine haben hier einen Bereich gefunden, in dem sie die Besucher erfreuen. Es ist ein Tauchgang der trockenen und leichten Art, der uns in die Vielfalt der Meere entführt.
Am nächsten Morgen heißt es für uns nach 4 Nächten in Kapstadts City schon Kofferpacken und den Autoverleih aufsuchen. Ein kleiner, zweckmäßig ausgestatteter manuell betriebener weißer Szuzuki Celerio schnauft ganz ordentlich, als der die Menge Gepäck von uns beiden im Kofferraum und den Rücksitzen verstaut hat und mit uns unerfahrenen Linksfahrern sich in das Abenteuer Garden Route begibt. Den Linksverkehr sind wir zwar schon aus Uganda gewohnt, jedoch hatten wir damals nie das Vergnügen, selbst zu fahren. Entsprechend fühlten wir uns zum Teil wie bei der ersten Fahrstunde, denn der Großteil ist im Auto spiegelverkehrt angeordnet. So kam es am Anfang nicht selten vor, dass der Scheibenwischer bei strahlendem Sonnenschein zum Einsatz kam, anstelle des eigentlich anvisierten Blinkers. Auch der Schaltknüppel und die linke Hand mussten zu Beginn erst noch Freunde werden, was zu unserem Erstaunen ein recht kurzes Unterfangen war. Viel komplexer waren sämtliche Abbiegemanöver an großen Kreuzungen und die Frage der Vorfahrt an einer viergeteilten Kreuzung, an der jeder Autofahrer ein Stopschild vorfindet. Nachdem wir zunächst von der Regel des rechts vor links ausgegangen sind, wurden wir nach Recherche eines besseren belehrt: Vorfahrt hat, wer als Erstes am Kreuzungspunkt angekommen ist. Entsprechend der Reihenfolge nach folgen die weiteren Fahrzeuge, was in der Praxis wirklich gut umzusetzen ist, wenn man die Regel einmal durchdrungen hat. Nach ein paar unsanften Hopsern, Blinkerpannen und Co haben wir uns mit der Zeit mit unserem kleinen Wagen angefreundet und forcierten als erste Jungfernfahrt das Weingut Constantia Glen im Hinterland Kapstadts.
Wir fuhren über viele serpentinenartige Straßen über verschiedene Hügel in die stadtnahe Weinregion, die einen ganz neuen Charme versprühte. An den Hängen wachsen unzählige Weinreben und die dazugehörigen Güter reichen von kontrastreich modernem Baustil bis hin zu klassisch erhabenen Architekturkonstruktionen. Der Großstadtflair ist auf einmal ganz weit weg und die Idylle der Natur hat uns in ihren Bann gezogen. An diesem Tag ist es das erste Mal recht erfrischend kühl und wir können die Herbststimmungen in Deutschland zu diesem Zeitpunkt ein wenig mehr nachfühlen, sodass wir unseren Restaurantplatz am Kamin besonders schätzen. Die Getränkekarte dominiert natürlich mit einer reichen Auswahl an kostbaren Tropfen der Reben, die wir allerdings nicht probieren. Zu schlecht waren die Erfahrungen aus einem Mix von Malariaprophylaxe und Alkohol, sodass wir aufgrund der immer noch vorhandenen Resteinnahme der Tabletten die Virgin Varianten vorziehen. Die Speisekarte lockt mit zum Teil vertrauten Gerichten – frisch gescharbte Spätzle mit Rindergulasch lassen Erinnerungen an die heimische Küche aufkommen und erfreuen unseren Gaumen.
Gut gestärkt visieren wir die Halbinsel an – unser erster Stop, um das Kap der guten Hoffnung ausgiebig zu erkunden und seine kleinen Orte auszukundschaften. Wir wählen eine besondere Panorama Route über den Ort Hout Bay nach Nordhoek: den Chapmans Peak Drive, eine 9 Kilometer lange Küstenstraße mit 114 Kurven unmittelbar zwischen roten Felswänden und dem Meer. Diverse Aussichtspunkte auf der Route lassen die Blicke auf den Atlantik und die Bucht auf Hout Bay schweifen. Wenn man Glück hat, sieht man von hieraus sogar Wale zur passenden Jahreszeit. Wir sind schon gegen Nachmittag an der Küstenstraße, sodass die Sonne noch recht grell scheint. Am Tag darauf werden wir durch die untergehende goldene Sonnenstrahlung nochmal eine ganz andere Atmosphäre verspüren. Unser erstes Etappenziel ist Simonstown – wir verbringen dort zwei Nächte in einem kleinen Apartment, das einen unschlagbaren Pluspunkt aufweist: Eine Dachterrasse mit Blick auf das Meer, die tolle Sonnenaufgänge und einen perfekten Platz zum Frühstücken bietet.
Der nächste Tag startet früh zum Sonnenaufgang – kurz nach 5 ist es dann so weit und wir beobachten das Naturschauspiel von unserer Dachterrasse aus. Nach dem Frühstück starten wir direkt in Richtung Kap – in der Hoffnung, den großen Strömen der anderen Touristen möglichst zu entkommen und die Idylle vor Ort ungestört genießen zu können. Und unser Plan geht auf – der Parkplatz ist noch im Schlafmodus und bietet jede Menge freie Plätze. So pilgern wir beide erst einmal hinauf zum neuen Leuchtturm, auch „Second Lighthouse“ genannt, und starten unseren Morgensport, um ganz oben anzukommen. Es fegt ein ordentlicher Wind, der die Temperaturen in gefühlte einstellige Werte abrauschen lässt. So ziehen wir recht schnell weiter bis ganz vor an die Spitze (Cape Point) zum ehemaligen Leuchtturm und sehen das Unerwartete – Wale. Die riesige Gischt, die sie bei ihren Raubzügen im Atlantik ausstoßen, ist unübersehbar. Durch den Zoom der Kamera können wir beide immer wieder Rückenpartien und Flossenpartien erkennen und sind ganz überwältigt.
Vom Kap aus haben wir außerdem immer wieder Ausblicke auf einen Traumstrand – den Diaz Beach. Er liegt malerisch in einer kleinen Bucht, ist menschenleer und leuchtet mit seinem türkisblauen Wasser und weißem Sandstrand aus der Ferne. Wir entschließen uns, den Scenic Walk bis zum Kap der Guten Hoffnung zu wandern. Der Name ist hier wirklich Programm – wir laufen stets an der atemberaubenden Küste nahe am Abhang entlang, legen immer wieder Stopps ein, weil die Aus- und Anblicke einfach so überragend schön sind, dass man sich gar nicht sattsehen kann. So wirken die Steigungen gar nicht mal so anstrengend und die Neugier auf die nächsten neuen Naturschönheiten treibt uns den ganzen Weg über an.
Nach einer recht taffen kurzen Steigung auf einen etwas größeren Felsbrocken haben wir das Kap der guten Hoffnung erreicht und erspähen die vielen Reisebusse von oben. Es scheint, als würden alle hier nur ausgekippt werden, um das obligatorische Foto vor dem Hinweisschild zum Kap der guten Hoffnung für ihre Fotoalben zu sammeln. Artig stehen die Menschen Schlange und strahlen in die Kameras. Als der Großteil der Buskompanien wieder das Kap verlassen hat, kehrt beinahe etwas Ruhe ein… und auch wir schießen eines dieser klassischen Beweisfotos.
Nach dem Getümmel treten wir den Rückweg über den Scenic Walk an und genießen noch einmal die Ruhe und Schönheit des Kaps – das im Verhältnis zum Fotohotspot auf unserem Fußmarsch uns fast alleine gehört. Gegen Mittag sind wir schon wieder an unserem kleinen Flitzer am Parkplatz angekommen – nicht ganz ungeplant, denn der Tag hält noch ein weiteres Highlight bereit.
Strände bieten eine Menge Potential – man kann an ihnen spazieren, sonnieren, baden… oder auf vier Beinen eine der traumhaftesten Kulissen erkunden. Nachdem Alex schon ein paar Mal (notgedrungen) auf dem Pferd saß und seine ersten Reitkenntnisse gesammelt hat, sollte sich seine Offenheit für Neues mit einem Ausritt am Strand auszahlen. Für Julia ist es das zweite Mal, am Strand auszureiten und es ist wohl für die meisten Reiter eines dieser Highlights, welches die Liebe zur Natur und zu den Pferden am besten verbindet. So startet unser erster gemeinsamer Ausritt am „Imhoff equestrian center“ in Kommetjie, welches in direkter Nähe zum 8 km langen Sandstrand liegt. Nach einer kurzen Einweisung, Putzen und Satteln und Kennenlernen der Pferde geht es direkt los. Wir reiten durch Weinberge, über Sandwege, durch Schilf und Dünen und nach gut 2 Kilometern können wir das Rauschen des Meeres immer lauter hören. Um an den Strand zu gelangen, durchwaten die Pferde Wasserquerungen und erreichen nach dieser Passage den wohl schönsten Abschnitt unseres Ausritts. Den endlos wirkenden, weiß strahlenden herrlichen Standstrand am Atlantik, der mit ordentlichem Wind und hohen Wellen die breiten reflektierenden Sandbuchten erreicht. Bis auf 2 Surfer haben wir den Strandabschnitt für uns ganz alleine und genießen einfach nur den Moment. Alex schlägt sich wacker und fragt sich zwar immer wieder, wer hier eigentlich mit wem „spazieren“ geht, ist aber von der neuen Perspektive und dem Erlebnis begeistert. Für Julia ist es eine der Stunden, die am besten nie aufhören müssten. Die Kombination aus nie vergangener Leidenschaft für die Pferde, das Gefühl der grenzenlosen Freiheit auf dem Rücken der Pferde gepaart mit einer grandiosen Kulisse und der Möglichkeit, diesen Moment mit seinem Partner zu teilen, lassen diese Stunden zu ganz besonderen werden. Die Zeit verrinnt wie im Flug und für den einen gut durchgeschaukelt, für die andere ein wohl vertrautes Gefühl, kommen wir beide unbeschadet am Reitstall wieder an.
Nach so vielen Erlebnissen könnte man meinen, dass der Tag jetzt auch enden könnte, aber wer Alex kennt der weiß, dass die Tage für ihn immer viel zu kurz sind für all seine Überlegungen an Unternehmungen und Ideen. So nutzen wir die Abendsonne und fahren noch einmal an den Chapmans Peak Drive und erleben die Küstenstraße noch einmal ganz neu. Die Felsen werden durch die herabsinkende Sonne und ihre goldene Strahlkraft in einen Mantel aus orange gehüllt, der glühende Feuerball am Horizont versinkt wolkenfrei am Horizont in den atlantischen Ozean und hinterlässt am Himmel ein buntes Farbspiel aus lila, rosa und rot. Es klingt wie in einem Kitschroman – ist aber real.
Nach einem erfüllten und erlebnisreichen Tag stärken wir uns am nächsten Morgen mit einem reichhaltigen Frühstück auf unserer Dachterrasse, bevor wir unser schönes Apartment und die Kaphalbinsel verlassen.
Mit einem kurzen Zwischenstop am Strand von Fish Hoek zieht es uns nach Muizenberg, das vor allem durch seine alten knallig leuchtenden Badehäuser aus viktorianischer Zeit bekannt ist. Schon bei der Anfahrt erspähen wir die kleinen Häuschen, die etwas surreal und verlassen den weißen Sandstrand mit Farbe verzieren. Auf dem Wasser finden vor allem Surfbegeisterte ein Eldorado aus hohen Wellen. Immer im Auge von den Shark Spottern stürzen sich ein paar unerschrockene Badegäste in die Fluten.
Uns beide locken nach einem Spaziergang am Strand mehr die Geschäfte abseits der Strandpassage. Wir finden ein paar nette Läden und kommen dadurch auch mit den einheimischen Besitzern ins Gespräch, was wir immer wieder sehr bereichernd finden. Unser einziges Manko ist die begrenzte Anzahl an Aufgabegepäck – mit 23 Kilogramm ist der Platz für Souvenirs doch eher spärlich, um nicht gar zu sagen nicht existent. Jede Gepäckaufgabe ist ein neuer Nervenkitzel – haben wir die 23 Kilo gerissen? Bisher ist es immer gut gegangen – Luft nach oben war jedoch in unserem Gepäckmaximum nie gegeben und so sind es mehr die Erlebnisse und Erfahrungen, die unsere Souvenirs während unserer Reise ausmachen.
Nach unserem Stopp in Muizenberg legen wir noch einen kurzen Abstecher nach Bettys Bay ein – hier so die Info der Einheimischen und der Internetrecherche sind die einzigen in Afrika brütenden Pinguine nicht selten anzutreffen und im Vergleich zu so manch anderen Naturreservaten kein horrender Eintritt zu zahlen. Der Tipp lohnt sich und wir treffen direkt an der Bucht auf unzählig viele Pinguine, die sich zum Teil zum Greifen nah für die Kamera in Szene setzen.
Im Anschluss machen wir uns auf den Weg zu unserem endgültigen Ziel des Tages: Hermanus, das mittlerweile so weit von Kapstadt für uns entfernt liegt, dass wir über den Rest der Reiseroute und Erfahrungen separat im Artikel zur Garden Route berichten werden.
Hallo ihr zwei, ganz tolle Berichte über eure Reise👍👍🤗
Da wir im Oktober auch in Südafrika sein werden , hat uns der Bericht über Kapstadt sehr gut gefallen!
Ihr schreibt ja so viel, das kann man ja gar nicht so nebenbei lesen😁
Macht weiter so und viel Spaß für die weitere Zeit!
Gruß von Gisela und Ernst